Gemeinsam den Dialog gestalten

Das Bundesnetzwerk 3R traf sich am 05. und 06. Oktober 2023 zum ersten Netzwerktreffen am EUREF-Campus in Berlin

Frau Dr. Schneider und Frau Dr. Engert vom BMBF begrüßen die Teilnehmenden des Netzwerktreffens Frau Dr. Schneider und Frau Dr. Engert vom BMBF begrüßen die Teilnehmenden des Netzwerktreffens - öffnet vergrößerte Ansicht
Frau Dr. Maria Schneider und Frau Dr. Julia Engert vom BMBF zusammen mit der Moderatorin Christiane Poertgen bei der Eröffnung des Netzwerktreffens (v.l.n.r.). Quelle: BMBF / Laurin Schmid / Bundesfoto

Bei der Nutzung von Versuchstieren bewegen wir uns in einem ethischen Spannungsfeld: Die Sicherung des Tierwohls auf der einen Seite stehe dem wissenschaftlichen Erkenntnisgewinn und dem sicheren Einsatz neuer Chemikalien und Wirkstoffe auf der anderen Seite gegenüber, erklärte Mario Brandenburg, Parlamentarischer Staatssekretär bei der Bundesministerin für Bildung und Forschung, in seiner Begrüßung beim Netzwerktreffen des Bundesnetzwerks 3R Anfang Oktober in Berlin. Bereits seit 43 Jahren werden Maßnahmen und Methoden gefördert, die eine Reduktion („Reduction“) bzw. einen Ersatz („Replacement“) von Tierversuchen oder eine Verbesserung der Haltungsbedingungen für Versuchstiere („Refinement“) erforschen und umsetzen. Denn neue Biotechnologien und medizinische Produkte „Made in Germany“ sollen auch ethisch vertretbar sein, so Brandenburg. Der interdisziplinäre Austausch sei deshalb der Schlüssel für den Erfolg von 3R und für den Innovationsstandort Deutschland.

Mit dem „Bundesnetzwerk 3R“ hat das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) deshalb 2022 eine Vernetzungsinitiative der 3R-Forschung und Anwendung in Deutschland initiiert. Im Zentrum steht der inter- und transdisziplinäre Dialog zwischen Wissenschaft, Industrie, Politik, Verwaltung und Interessensverbänden. Die Mission: Als Netzwerkinitiator Austausch- und Begegnungsmöglichkeiten zwischen den unterschiedlichen Disziplinen und Akteuren anzubieten und dabei eine starke Community aufzubauen, die gemeinsam die 3R-Forschung und deren Transfer in die Praxis in Deutschland vorantreibt (Weitere Informationen finden Sie hier). Das Netzwerk plant diverse Kommunikationsmaßnahmen und setzt bereits seit seinen Anfängen eine Online-Veranstaltungsreihe zu verschiedenen Themen der 3R-Landschaft erfolgreich um.

Nun hatte das BMBF im Rahmen der Initiative erstmalig alle 3R-Akteure in Deutschland zu einem Präsenztreffen nach Berlin geladen, um gemeinsam über aktuelle Herausforderungen, den Status Quo und Quo Vadis der 3R-Methodenforschung und -umsetzung zu diskutieren. Die Moderatorin Christiane Poertgen begleitete die rund 180 interdisziplinären Teilnehmerinnen und Teilnehmer Teilnehmenden durch ein abwechslungsreiches und interaktives Programm aus Vorträgen, Podiumsdiskussion, Workshops, Masterclasses, einem Marktplatz mit Ständen der 3R-Zentren und einer Posterausstellung verschiedener Förderprojekte aus der 3R-Forschung.

Teilnehmende des Netzwerktreffens im Gespräch
Teilnehmende des Netzwerktreffens im Gespräch im Rahmen des Ideen-Labors Quelle: BMBF / Laurin Schmid / Bundesfoto

Go Live! Launch der digitalen Plattform bundesnetzwerk-3R.de
Dr. Maria Schneider und Dr. Julia Engert, die themenverantwortlichen Referentinnen für den Forschungszweig „Alternativmethoden zum Tierversuch“ im BMBF, stellten das neue und jüngst veröffentlichte digitale Angebot des Bundesnetzwerks vor. Im Zentrum der Plattform bundesnetzwerk-3R.de steht die interaktive Deutschlandkarte, die die 3R-Landschaft abbildet und von der Community selbst bestückt wird. Die Karte zeigt, wo zu einem bestimmten Arbeitsfeld im 3R-Bereich gearbeitet und geforscht wird. Als registriertes Mitglied erhält man zusätzlich Zugang zum geschützten Bereich mit detaillierten Informationen zu 3R-Expertinnen und Experten in Deutschland. Themenbezogene Artikel, Interviews und ein Veranstaltungskalender runden das Angebot ab.

Nach zwei Veranstaltungstagen mit zahlreichen Gesprächen zu diversen Bereichen der 3R-Methodenforschung und den entsprechenden Perspektiven der Community zur Anwendbarkeit in der Praxis herrschte Konsens unter den Teilnehmerinnen und Teilnehmern: Der Austausch untereinander ist wertvoll und wichtig. Aber es steht noch ein langer Weg bevor. Durch gemeinsame Anstrengungen können Erfolge im Sinne der 3R erzielt und sichtbar werden.

Zum Status Quo der 3R befragten wir stellvertretend zwei Expertinnen aus der 3R-Forschung:

Dr. Sabine Bischoff, Universitätsmedizin Jena, Leitung Stabsstelle Tierschutz

Frau Dr. Sabine Bischoff im Gespräch auf dem Netzwerktreffen
Quelle: BMBF / Laurin Schmid / Bundesfoto

Frau Dr. Bischoff, was fehlt Ihrer Meinung nach, um Refinement-Maßnahmen schneller und besser umzusetzen?
Refinement ist eines der 3Rs, welches zur Verbesserung der Methoden im Umgang mit Versuchstieren eingesetzt wird. Um Maßnahmen zum Refinement im Tierversuch oder der Versuchstierhaltung anzuwenden, bedarf es grundlegender Kenntnis der Biologie und des Verhaltens der Tiere. Hierneben bestehen auch im Tierversuch Anforderungen zur Standardisierung und Reproduzierbarkeit. Refinement-Maßnahmen tragen unmittelbar zur Verringerung der Belastung im Tierversuch bei und sind deswegen von großer Bedeutung für einen verantwortungsvollen Umgang mit Versuchstieren. Um sie schneller und besser umzusetzen, bedarf es der Publikation ihrer positiven Effekte nach wissenschaftlich valider Prüfung. Nur durch eine Veröffentlichung als Methodenbeschreibung wird eine breite Anerkennung neuer Refinement-Strategien, wie etwa dem Tunnel-Handling, erreicht.

Was konnten Sie persönlich vom Netzwerktreffen mitnehmen?
Das erste Netzwerktreffen des Bundesnetzwerks 3R bot ein vielfältiges und erfrischendes Programm in unterschiedlichen Formaten mit viel Raum für offene Diskussionen und Vernetzung. Ich nehme aus dem Treffen mit, dass es enorme Fortschritte im Sinne aller 3R des 3R-Prinzips gibt. Es wurden jedoch auch Schwierigkeiten der verschiedenen Forschungsbereiche thematisiert und offen diskutiert. Dieses erste Treffen zeigt bereits deutlich, dass ein interdisziplinärer konstruktiver Austausch zur Entwicklung von Lösungsstrategien führen kann, was unbedingt fortgeführt werden sollte.

Dr. Eva-Maria Dehne, TissUse GmbH, Senior Scientist

Frau Dr. Eva-Maria Dehne im Gespräch auf dem Netzwerktreffen
Quelle: BMBF / Laurin Schmid / Bundesfoto

Frau Dr. Dehne, wo sehen Sie die Limitationen von Organ-on-Chips?
Aus wissenschaftlicher Sicht werden durch Organ-on-Chips viele Limitationen der bisherigen Routine-Methoden behoben. Organ-on-Chips generieren Daten auf Basis von humanen Zellkulturen die in systemischer Interaktion stehen. Da sie relevante Mikromilieus der einzelnen Organe besser nachbilden als klassische statische Systeme, sind die Ergebnisse oft direkter auf den Menschen übertragbar. Dank der vielseitigen technischen Lösungen und Komplexitätsgrade von Organ-on-Chips sind die Systeme auch in den verschiedensten Bereichen (viele Phasen der Medikamentenentwicklung, Grundlagenforschung, etc.) einsetzbar. Akute Limitationen bestehen jedoch in den Ressourcen für die Validierung der Methoden. Technologieentwickler bzw. Hersteller verfügen oft nicht über die nötigen Ressourcen für Ringstudien mit einer großen Anzahl an Substanzen, insbesondere da jeder „context of use“ einzeln betrachtet werden muss.

Wie resümieren Sie für sich das erste persönliche Treffen des Bundesnetzwerks 3R in Berlin?
Ich persönlich freue mich zu sehen, dass ein aktives Netzwerk entsteht und breites Interesse bei den verschiedensten Akteuren vorhanden ist. Die enge Interaktion aller relevanter Interessengruppen ist von großem Wert und kann diese neue und wegweisende Technologie voranbringen.

Details zu den einzelnen Programmslots finden Sie hier:

Gesprächsrunde „Auf dem Sprung in die Anwendung: Über Chancen und Limitationen neuer Methoden in den Lebenswissenschaften“

Die Moderatorin und sechs Expertinnen und Experten im Gespräch
Prof. Dr. Gilbert Schönfelder, Bundesinstitut für Risikobewertung, Dr. Heike Behrensdorf-Nicol, Paul-Ehrlich-Institut, Prof. Dr. Winfried Neuhaus, AIT Austrian Institute of Technology GmbH, Dr. Martin Raasch, Dynamic42 GmbH, Dr. Joachim Coenen, Merck KGaA, Dr. Sophia Villwock, Syntab Therapeutics GmbH führten geleitet von der Moderatorin Christiane Poertgen die Gesprächsrunde zum Auftakt des Netzwerktreffens (v.l.n.r.). Quelle: BMBF / Laurin Schmid / Bundesfoto

Die interdisziplinär besetzte Gesprächsrunde stellte sich den Fragen der Moderatorin zum Status Quo der Anwendung von 3R-Methoden in der Forschungspraxis und zu Hindernissen, die den Transfer erschweren. Die Eingangsfrage galt dem aktuellen Bekanntheitsgrad des 3R-Gedankens in der Forschungslandschaft Deutschlands. Hier sei noch viel Luft nach oben und gemeinsame Anstrengung notwendig, so einige der Expertinnen und Experten. Es bedürfe neuer Konzepte, um in der Forschungslandschaft mehr Awareness zu schaffen. Diese sollten idealerweise bereits früh in der Ausbildung oder im Rahmen von Weiterbildungen ansetzen, um eine erfolgreiche Hebelwirkung entfalten zu können.
Die Expertinnen und Experten griffen mit der Validierung eine weitere Herausforderung auf dem Weg, 3R-Methoden erfolgreich in die Anwendung zu bringen, auf. Ein enger Austausch mit den verantwortlichen regulatorischen Behörden sei hier unerlässlich. Im besten Falle sollte schon sehr früh der Kontakt zur jeweiligen Stelle aufgenommen werden, um Rückmeldungen zum Verfahren berücksichtigen zu können. Für die regulatorischen Behörden zähle hier vor allem die Robustheit einer Methode im Hinblick auf Vorhersagekraft und Reproduzierbarkeit. Nur dadurch können Entscheidungen im Sinne der Allgemeinheit getroffen und die Sicherheit einer Substanz gewährleistet werden. In diesem Zusammenhang fiel auch der Begriff Künstliche Intelligenz. Die Schlüsseltechnologie habe das Potenzial, im Bereich der Validierung unterstützend eingesetzt zu werden, etwa bei aufwändigen Recherchen nach vergleichbaren Studien und verlässlichen Ergebnissen. Es müsse eine enge Zusammenarbeit zwischen Regulatoren, der Akademie und der Industrie stattfinden, um gemeinsam neue Wege zu denken und neuartige Lösungen zu finden.

Im Lauf der Gesprächsrunde fiel auf, dass Begrifflichkeiten wie „Verwertung“ oder „Validierung“ je nach fachlichem Hintergrund und Tätigkeitsfeld nicht unmittelbar von allen gleich verstanden und entsprechend verwendet werden. Zukünftige Diskussionen sollten, so der Konsens, dies berücksichtigen und differenziert geführt werden.

Keynote

Dr. Michael Oelgeschläger hielt die Keynote ab
Dr. Michael Oelgeschläger, Bundesinstitut für Risikobewertung beleuchtete in seiner Keynote das OECD-Prüfrichtlinienprogramm. Quelle: BMBF / Laurin Schmid / Bundesfoto

„Das OECD-Prüfrichtlinienprogramm: Prozesse und Konzepte“
Dr. Michael Oelgeschläger, nationaler Koordinator für den Bereich Gesundheit am Bundesinstitut für Risikobewertung, beleuchtete in seiner Keynote das OECD-Prüfrichtlinienprogramm und welchen Weg eine Methode bis zur Anerkennung durchlaufen muss. Aktuell befänden sich 42 Projekte aus Bereichen wie Augenirritation, Hautsensibilisierung oder auch Gentoxizität im Programm. Dabei, so stellte er fest, werden derzeit neue Methoden häufig in Bereichen eingebracht, für die es bereits einige Alternativmethoden gibt. Dementgegen stehen zahlreiche Bereiche, als Beispiel nannte er Immuntoxizität, in denen wenig Aktivitäten verzeichnet werden. Ein kritischer Faktor für die Anerkennung neuer Methoden als OECD-Prüfrichtlinie ist deren Validierung. Diese müsse gut vorbereitet werden. Hierfür empfiehlt es sich, so Dr. Oelgeschläger, bereits frühzeitig unabhängige Partner einzubinden, die den Prozess unterstützen können. Es gäbe weiterhin aktuell vier verschiedene Arten von Prüfrichtlinien, die entweder aus einer oder mehreren validierten Methoden bestehen oder auch vergleichbare Performance-Standards erfüllen. Eine wichtige Brücke für die Implementierung neuartiger Methoden schlagen vermehrt auch „User-Case-Studies“, die zudem das Vertrauen der Nutzerinnen und Nutzer aber auch der Behörden in neue Methoden stärken.

Masterclass

Ass. iur. Tobias Wagenknecht während seiner Masterclass
Ass. iur. Tobias Wagenknecht vom Bundesinstitut für Risikobewertung hielt die Masterclass zum rechtlichen Umgang mit Versuchstieren. Quelle: BMBF / Laurin Schmid / Bundesfoto
Dr. Tim Meyer in der Masterclass zum SmartLab
Dr. Tim Meyer, Georg-August-Universität Göttingen, referierte mit seinem Kollegen Leon Budde, Leibniz Universität Hannover, zum „SmartLab“. Quelle: BMBF / Laurin Schmid / Bundesfoto

„Aktivitäten und Ziele des Deutschen Zentrums zum Schutz von Versuchstieren“
Prof. Dr. Gilbert Schönfelder, Bundesinstitut für Risikobewertung
In der Masterclass zu den Zielen und Aktivitäten des Deutschen Zentrums zum Schutz von Versuchstieren (Bf3R) in Berlin präsentierte Prof. Schönfelder die vielfältigen Aufgaben des Instituts wie die Veröffentlichung von nicht-technischen Projektzusammenfassungen und die Verwaltung von Versuchstiermeldungen. Auch die Beratung von Behörden und Tierschutzausschüssen zur Verwendung von Versuchstieren und Alternativen zu Tierversuchen falle in den Verantwortungsbereich des Zentrums.

„Nutzung von Organ-on-Chip-Technologie zur Nachstellung komplexer humaner Gewebe“
Prof. Dr. Peter Loskill, Eberhard Karls Universität Tübingen
Prof. Loskill vom Micro OrganoLab der Eberhard Karls-Universität Tübingen beleuchtete die Organ-on-Chip-Technologie als interdisziplinäre Leistung zwischen Biologen und Ingenieuren. Dabei diene der menschliche Körper als struktureller Bauplan und Zellquelle. Zentral für das Design eines solchen Chips sei die Fragestellung, die damit verfolgt werden soll. Die nächste große Herausforderung sei es, immunologische und neuronale Aspekte auf einem Chip abbilden zu können.

„Smartlab: Barrieren auf dem Weg zur Verbreitung abbauen“
Dr. Tim Meyer, Georg-August-Universität Göttingen, Leon Budde, Leibniz Universität Hannover
Dr. Meyer von der Abteilung für Pharmakologie und Toxikologie der Georg-August-Universität Göttingen und Herr Budde vom Institut für Mechatronische Systeme der Leibniz Universität Hannover boten in ihrer Masterclass Einblicke ins SmartLab, also in die Möglichkeiten der Digitalisierung und Automatisierung eines Labors. Sie verdeutlichten, dass die Digitalisierung der Automatisierung vorausgehen müsse. Dies könne auch in kleinem Rahmen geschehen, wie der Anschaffung eines digitalen Laborbuchs und der Verknüpfung existierender Geräte. Handelsübliche, simple Plug-and-Play-Lösungen hätten aus Perspektive der Vortragenden Vorrang vor teuren Speziallösungen.

„Der rechtliche Umgang mit „überzähligen“ Versuchstieren – Status quo und Handlungsempfehlungen“
Ass. iur. Tobias Wagenknecht, Bundesinstitut für Risikobewertung
In seinem Vortrag beleuchtete Herr Wagenknecht vom Bundesinstitut für Risikobewertung die Gesetzesauslegung zum Thema „überzählige Versuchstiere“ und die Folgen für Forscherinnen und Forscher. Diese Tiere dürften nur dann getötet werden, wenn dafür ein „vernünftiger“ Grund im Sinne des Tierschutzgesetzes (§ 1 S. 2 TierSchG) vorliege. Tiertötungen ohne vernünftigen Grund seien strafbar, so das Gesetz. Er regte dazu an, eine Tötung als letztes Mittel zu sehen und stattdessen eine weitere wissenschaftliche Verwendung, Vermittlung, Verfütterung oder Haltung in Betracht zu ziehen.

Workshops

Teilnehmende des Netzwerktreffens im Rahmen des Workshops zu Wissenschaftskommunikation
Dr. Florian Dehmelt, Pro-Test Deutschland e.V., Beatrice Lugger, Nationales Institut für Wissenschaftskommunikation und Dr. Tina Stibbe, PETA Deutschland e.V. diskutierten mit Teilnehmenden des Netzwerktreffens im Workshop „Wissenschaft wirkungsvoll kommunizieren“. Quelle: BMBF / Laurin Schmid / Bundesfoto
Teilnehmende des Netzwerktreffens im Rahmen eines Workshops
PD Dr. Andrea Haase, Dr. Matthias Herzler und Dr. Philip Marx-Stölting, alle vom Bundesinstitut für Risikobewertung, sprachen in ihrer Masterclass mit den Teilnehmenden über das Thema „Next Generation Risk Assessment“. Quelle: BMBF / Laurin Schmid / Bundesfoto

Themenbereich Ethik & Refinement:

„Ethische Vertretbarkeit von Tierversuchen und die Ethik der 3R und Alternativmethoden“
Dr. Julia Dietrich, Freie Universität Berlin, Prof. Dr. Birgit Beck, Technische Universität Berlin, Prof. Dr. Beryl Eusemann, Universität Leipzig, Prof. Dr. Christa Thöne-Reineke, Freie Universität Berlin
Lebhaft wurde im Workshop „Ethische Vertretbarkeit von Tierversuchen und die Ethik der 3R und Alternativmethoden“ diskutiert. Auf der Hand lag für alle Beteiligten, dass es im Bereich der 3R großen Schulungsbedarf gibt. Die Auseinandersetzung mit der Frage, wie jeder Einzelne und jede Einzelne zum Tierversuch steht, kann dabei nicht ausbleiben.

„Eingewöhnungs- und Trainingsprogramme für Versuchstiere – Welche sind geeignet?“
Dr. Anne Zinke, Ministerium für Soziales, Gesundheit, Integration und Verbraucherschutz des Landes Brandenburg, Johanna Hößler, Landesamt für Gesundheit und Soziales Berlin
Beim Programmpunkt „Eingewöhnungs- und Trainingsprogramme für Versuchstiere“ wurde klar, dass es keine Pauschalrezepte zum Umgang mit Tieren gibt. Beide Seiten würden individuell das Verhältnis der Mensch-Tier-Beziehung bestimmen. Dabei gehe es um eine Win-Win-Situation: Zum einen solle der Stress für das Tier reduziert werden, zum anderen könnten dadurch validere und robustere Daten erhoben werden. Das Fazit einer Teilnehmerin dazu: „So ein laborübergreifender Austausch wie in diesem Rahmen ist doch viel leichter und zielführender als 20 Stunden Literaturrecherche.“

Themenbereich Forschungsdesign und Standardisierung

„Die Kunst der Versuchsplanung, Teil I + II“
Silke Kniffert, Berlin Institute of Health (BIH) in der Charité Berlin, Dr. Natascha Drude, Berlin Institute of Health (BIH) in der Charité Berlin
Wie wichtig es sei, von Beginn an strategisch bei einem neuen Vorhaben vorzugehen, zeigte der Workshop „Die Kunst der Versuchsplanung“. Wer von Anfang an das Forschungsdesign zielführend gestaltet, könne oft die Versuchstierzahl reduzieren. Hilfreich sei dabei oft auch die Einbeziehung von Stakeholdern, wie beispielsweise Klinikerinnen und Klinikern, Patientinnen und Patienten sowie Regulierungsbehörden.

„Biometrische Planung von Tierversuchen“
Prof. Dr. Benjamin Mayer, Universität Ulm
Anhand von Beispielen wurden den Teilnehmerinnen und Teilnehmern in diesem Workshop die Grundlagen der statistischen Fallzahlschätzung erläutert. Es hieß, dass die Unterstützung durch Biometrikerinnen und Biometriker sehr hilfreich sein könne, um den Anforderungen in Tierversuchsanträgen gerecht zu werden. Im Verlauf des Gesprächs stellte sich heraus, dass hierbei je nach Institut große Unterschiede in Bezug auf die Schwellenhöhe der Service-Angebote bestehen.

„Standardisierung und Validierung von Prüfmethoden“
Dr. Michael Oelgeschläger, Bundesinstitut für Risikobewertung, Dr. Tanja Burgdorf, Bundesinstitut für Risikobewertung, Dr. Sebastian Dunst, Bundesinstitut für Risikobewertung, Dr. Kostja Renko, Bundesinstitut für Risikobewertung
Im diesem Workshop erfuhren die Teilnehmenden Schritt für Schritt, wie der Weg zur erfolgreichen Validierung aussehen kann. Die Schlagwörter hierbei sind Reproduzierbarkeit und Aussagekraft. Auch gehören Fragen der Inter- und Intraoperabilität, aber auch zum Transfer, der Vorhersagbarkeit und der Definition des Anwendungsbereiches, dazu. Nur dann können Methoden schnell und sicher validiert werden. Bei Fragen lohne es sich, das Bf3R als Startpunkt der Recherche zu nutzen.

„Next Generation Risk Assessment: Wie gelingt eine effizientere regulatorische Implementierung neuartiger Methoden (NAMs)?“
PD Dr. Andrea Haase, Bundesinstitut für Risikobewertung, Dr. Matthias Herzler, Bundesinstitut für Risikobewertung, Dr. Philip Marx-Stölting, Bundesinstitut für Risikobewertung
Mit der Frage, wie eine effizientere regulatorische Implementierung neuartiger Methoden (NAMs) gelingen kann, beschäftigten sich die Teilnehmenden im Workshop „Next Generation Risk Assessment“. Die EMA und die FDA besitzen bereits Qualifizierungssysteme für NAMs, ein Vorgehen, das weiterverbreitet werden soll. Die Festlegung regulatorischer Reifegrade soll zu einer besseren Akzeptanz von NAMs beitragen. Am Beispiel der adverse outcome pathways (AOPs) demonstrierten die Referierenden, dass viele Wege ans Ziel führen könnten. Die Definition kritischer Endpunkte im Rahmen eines AOP biete dabei die Möglichkeit, gezielt Fragestellungen zu adressieren. Diese kritischen Ereignisse könnten mithilfe von in vitro Tests nachgestellt werden und ersetzten dann ggf. in Kombination die bisherigen in vivo Tests. In diesem Zuge wurde der Wunsch nach einer Roadmap geäußert, die Forschenden die „weißen Flecken“ auf der NAM-Landkarte aufzeigt. Im Rahmen der Europäischen Partnerschaft für die Risikobewertung von Chemikalien (PARC) wird daran bereits gearbeitet.

Themenbereich Wissenschaftskommunikation

„Wissenschaft wirkungsvoll kommunizieren“
Beatrice Lugger, Nationales Institut für Wissenschaftskommunikation gGmbH, Dr. Florian Dehmelt, Pro-Test Deutschland e. V., Dr. Tina Stibbe, PETA Deutschland e. V.
Mit drei kurzen Impulsvorträgen stimmten die Vortragenden auf das Thema des Workshops ein und boten erste Gelegenheit zu Nachfragen. Im Verlauf des Gesprächs stellte sich mehr und mehr heraus, dass Transparenz in der Kommunikation nach außen unumgänglich sei. Denn auch in der Wissenschaftskommunikation stehe letztendlich ein Mensch mit eigenen Werten, Zielen und Meinungen hinter einem Beitrag. Empfängerinnen und Empfängern müsse die Möglichkeit gegeben werden, sich selbst eine kritische Meinung zu bilden. Dabei solle man es auch und vor allem in den Sozialen Medien nicht versäumen, die Komplexität eines Themas anzuerkennen und zumindest darauf hinzudeuten – Stichwort Kontextualisierung. Als letzten Punkt gaben die drei Vortragenden zu bedenken, auch Selbstverständliches aktiv anzusprechen, und so jedwede Zielgruppe abzuholen.

Hinweis zur Verwendung von Cookies

Cookies erleichtern die Bereitstellung unserer Dienste. Mit der Nutzung unserer Dienste erklären Sie sich damit einverstanden, dass wir Cookies verwenden. Weitere Informationen zum Datenschutz erhalten Sie über den folgenden Link: Datenschutz